neubau hospiz johannes

2022 | dr. hermann schwörer stiftung, sigmaringen

Konzept und Planungsschwerpunkte Hospiz Johannes

Mit dem Grundstück an der Bittelschießer Straße, gelegen zwischen Seniorenwohnheim, Kindergarten und Fideliskirche, wurde der passende Standort für das zukünftige Hospiz Johannes gefunden und damit den Grundstein gelegt für einen Ort der Geborgenheit, für die letzten Tage im Leben. Ein Ort, der sich widerspiegelt in einem Gebäude, das sich nicht verschließt vor der Außenwelt, sondern ebenso wie seine Gäste mitten im Leben und im öffentlichen Raum steht. Gleichzeitig soll das stationäre Hospiz ein Ort sein, in dem Gäste und Angehörige eine schützende Hülle finden, um sich in Trauer und Schmerz zurückziehen zu können. Die Architektur des Gebäudes lebt von diesen beiden Gegensätzen, die es zu vereinigen gilt. Die Hanglage des Grundstücks an den Fideliswiesen ermöglicht es das Hospiz sanft in den Hang einzubetten, unterstützt von seinem gefalteten Dach, schafft es einen fast fließenden Übergang zwischen den benachbarten Baukörpern des Seniorenheims und der Kirche, um dort wie selbstverständlich, seinen Platz einzunehmen. Von der Bittelschießer Straße aus, zeigt sich ein zweigeschossiges Gebäude mit großzügiger Glasfassade, das Gäste und Besucher in seinen öffentlichen Eingangsbereich einlädt. Hangaufwärts ist nur noch ein Geschoss erkennbar, welches mit seiner Dachform beinahe den Charakter kleiner Appartements vermittelt – hier befindet sich der Wohnbereich der Gäste.
Räumlicher und symbolischer Mittelpunkt des Hospizes ist der Raum der Stille, der zum Gebet und Rückzug einlädt. Als quadratischer Raum aus Sichtbetonwänden wird er über Oberlichter in der Decke, mit dem Innenhof als räumlichen Mittelpunkt des Hospizbereichs verbunden und mit sanftem Tageslicht versorgt. In der Dämmerung kehrt sich das Bild und die beleuchteten Oberlichter scheinen in den Innenhof und bringen die Verbundenheit der beiden Bereiche miteinander zum Ausdruck. Gestiftete Buntglasfenster aus einer ehemaligen Kirche geben dem Raum der Stille einen besonderen Charakter, zu seiner ansonsten reduzierten Materialwahl aus Eichenholz, Sichtbeton und weißem Sichtestrich, die sich im gesamten Gebäude wiederfindet.
Den öffentlichen Bereich komplettiert ein Seminar- und Veranstaltungsraum, ein Büro der Hospizgruppe, sowie der Raum für Angehörige. Der großzügige Foyer- und Veranstaltungsbereich soll das Gebäude für den benachbarten Kindergarten, Kirche und Hospizverein zugänglich machen und Platz für Begegnungen aller Art bieten, denn das Hospiz Johannes soll ein Ort des Austausches sein – ganz im Sinne der Stifter Dr. Hermann Schwörer und seiner Frau.
Dr. Sophie Schwörer möchte deshalb auch einen Flügel aus ihrem Haus stiften, der einen besonderen Platz im Gästebereich erhält. Die Möglichkeit der musikalischen Begegnung ist ihr wichtig. Es wäre schön, wenn Musik die Flure
des Hospizes belebt und Kindergartenkinder und Gäste gemeinsam Weihnachtslieder singen. Die ruhige Architektur soll Raum bieten, für solche besonderen Ergänzungen, die dem Hospiz etwas wiedererkennbares und persönliches verleihen. Acht Gastzimmer beherbergen die Gäste in ihrem letzten Lebensabschnitt. Verdeutlicht durch verkleidete Eingangsnischen aus Eichenholz, die die Türen zu jedem Zimmer hervorheben und den Gästen eine Geste der besonderen Wertschätzung entgegenbringen sollen. Jedes Gastzimmer ist über ein großes Schiebefenster mit einer Terrasse oder Balkon verbunden, worauf auch die Betten geschoben werden können. Holzlamellen an den Decken, warme Farben im Innenraum und eine indirekte Beleuchtung geben den Zimmern eine wohnliche Atmosphäre. Kleine separate Lüftungsflügel an den großen Eichenholzfenstern versorgen mit Frischluft ohne Durchzug. Stoffartige Verdunklungssysteme sorgen für Schutz vor Blicken, sommerlichen Wärmeschutz und gedämpftes Licht, ohne den Blick nach
außen zu verwehren. Überhaupt spielt natürliches Tageslicht eine wichtige Rolle. Der zentrale Innenhof sorgt dafür, dass die umlaufenden Flure erhellt werden und es keine dunklen Ecken gibt.
Aufmerksame Blicke entdecken dabei auch kleine Blattabdrücke in den Betonwänden der Flure. Sie geleiten durch das Gebäude und erinnern an die einstigen Bäume, die auf dem Grundstück standen. Eine Verdeutlichung der Endlichkeit unseres Lebens mit all seinen Spuren, die es hinterlässt. Eine Wertschätzung des Lebens und der Gäste des Hospizes, was sich auch an der hochwertigen Ziegelfassade wieder findet, deren Klinker zu einem Drittel gebraucht sind. Wiederverwendet von einem alten Gebäude, das zwar abgerissen wurde, aber dadurch nicht vergessen ist.
Auch die Haustechnik setzt auf Nachhaltigkeit, so wird die Energie für die Beheizung des Gebäudes aus dem Erdreich gewonnen. Über insgesamt 6 Bohrungen wird dem Untergrund in 110 m Tiefe Wärme entzogen und über einen Wärmetauscher dem Heizsystem zugeführt. Für eine angenehme und zugfreie Wärme sorgt die im ganzen Gebäude verlegte Fußbodenheizung. Zusätzlich sind die Bewohnerzimmer und die Aufenthaltsbereiche mit einer Heiz-Kühldecke ausgestattet, die, anders als die Fußbodenheizung kurzfristig auf einen Wärmebedarf reagieren kann. Zudem kann damit im Sommer der Raum ohne Klimaanlage gekühlt werden. Über die von Schwörer entwickelten Frischlufttechnik in den Gastzimmern erfolgt ein ständiger Luftaustausch, wobei auch hier die in der Luft enthaltene Wärme zur Vorheizung der Frischluft genutzt wird.
Akzentuierte Beleuchtung mit sparsamen LED Leuchten sorgen für angenehmes Ambiente in allen unterschiedlichen Situationen.